Dogma und Freiheit

Die Geschichte des Dogmas ist eng mit der Geschichte der Philosophie und der Religionen verbunden. Die neue Offenbarung des Christentums entwickelt sich nach dem irdischen Aufenthalt des Meisters Jesus zunächst sehr einfach. Im Vordergrund steht die „frohe Botschaft“, dass eine Erlösung für alle Menschen möglich ist. Eine genaue Glaubensformel gab es nicht, denn der Christus hatte seinen Jüngern die völlige Freiheit in der Schriftauslegung gelassen und gesagt: „Die Wahrheit wird Euch frei machen“.

Jesus war gekommen und hatte die Normen eines asketischen Lebens aufgezeigt, um den Durst nach dem „Leben nach dem Fleisch“ auszulöschen und den „Durst nach dem ewigen Leben“ zu entfachen. Er ordnete an, dass diese Lebensnorm allen Völkern der Erde beigebracht werden sollte. Es war unnötig, die Weisheit auf anderem Wege zu suchen, wichtig war allein zu verstehen, was man sofort tun musste, um die Erlösung zu ergreifen.

Heute würde man sagen: „Learning by doing“.

Doch die Menschen wollen verstehen, sie zweifeln, polemisieren und stören mit ihrer rationalen Ruhelosigkeit nicht nur sich selbst, sondern auch die anderen. Die freie Interpretation der Schriften, die manchmal wörtlich und manchmal allegorisch erfolgte, mündete in Rivalitäten zwischen den einzelnen Kirchen. Die ersten beiden Strömungen waren die von Petrus und Paulus, die eine nationalistisch, die andere universell, aber die Fraktionierung des Christentums nahm damit nur ihren Anfang.

In diesen Auseinandersetzungen, die innerhalb der jungen Kirche und mit den rivalisierenden Religionen nach außen stattfanden, versuchten die ersten Kirchenväter und Apologeten, immer wieder die Vereinbarkeit anderer Glaubensformen mit dem Christentum aufzuzeigen. Gleichzeitig entwickelte sich dabei die christliche Theologie und an einem bestimmten Punkt entschied man, die Glaubensgrundsätze in „Dogmen“ festzuschreiben.

07 Juni 2017